2.3.6.2 Schweigepflicht

Begründende Verpflichtung

§ 203 Strafgesetzbuch in Verbindung mit § 213 SGB IX

Artikel 4, 7, 8 und 9 EU-DSGVO

§ 67b Absatz 2 SGB X


Für AZAV-zugelassene IFD siehe Anhang.

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Übergeordnete Anforderungen

Die Schweigepflicht wird auch Verschwiegenheitspflicht genannt.

Im weiteren Sinn ist die Verschwiegenheitspflicht eng mit dem Datenschutz verknüpft, da dieser nicht nur anvertraute Geheimnisse, sondern auch personenbezogene Daten unterliegen können.

Angehörige bestimmter Berufsgruppen sind gesetzlich verpflichtet, über ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit anvertraute persönliche Daten („Geheimnisse“) zu schweigen und diese nicht unerlaubt an Dritte weiterzugeben (§ 203 Strafgesetzbuch).

Hierzu gehören die Mitarbeitenden des Integrationsfachdienstes. Diese haben nach § 213 SGB IX über die ihnen bekannt gewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten von Beschäftigten auf Arbeitsplätzen für schwerbehinderte Menschen Stillschweigen zu bewahren. Ebenso haben sie die ihnen im Rahmen der Aufgabenerfüllung bekannt gewordenen Betriebs- und Geschäftsdaten geheim zu halten.

Zu Beginn der Zusammenarbeit klärt der Integrationsfachdienst die (schwer-)behinderten Menschen persönlich bzw. schriftlich über den Sozialdatenschutz auf. Die entsprechenden Vorgaben der EU-DSGVO hierzu finden sich in Kapitel 2.3.6.1.

Ergibt sich in der Beratung, dass der Austausch zwischen Integrationsfachdienst und z. B. behandelnden Ärztinnen und Ärzten oder anderen Personen/Institutionen erforderlich ist, ist ergänzend hierzu für jeden einzelnen Anlass eine entsprechende Schweigepflichtentbindungserklärung des Klienten nach den gesetzlichen Regelungen einzuholen.

Im Rahmen von Vertretungsregelungen oder im Beschwerdefall liegt keine Offenbarung bzw. Weitergabe im Rahmen des § 203 Absatz 1 Strafgesetzbuch vor. Solange personenbezogene Informationen innerhalb des normalen Geschäftsgangs verbleiben und auf die sachgerechte Erledigung der Angelegenheit gerichtet sind (dies wäre der Fall bei Vertretungen), ist die interne Weitergabe innerhalb des zuständigen Fachteams zulässig. (Lackner/Kühl/Heger StGB § 203 Rn. 17; NK-StGB/Walter Kargl StGB § 203 Rn. 22–24).

Im Gegensatz dazu gilt die Schweigepflicht aber einrichtungsintern, beispielsweise bei der Weitergabe von Informationen innerhalb eines Fachteams. Eine solche teaminterne Offenbarung ist strafbar, sofern es dafür keine Befugnis (z. B. Schweigepflichtentbindung) gibt. Nur mit pseudonymisierten Daten (das Ersetzen des Namens und anderer Identifikationsmerkmale durch ein Kennzeichen zu dem Zweck, die Bestimmung des Betroffenen auszuschließen oder wesentlich zu erschweren) sind Falldarstellungen, Teamgespräche und Supervision uneingeschränkt zulässig.

Nur unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Mitarbeitende in Integrationsfachdiensten die ihnen anvertrauten Geheimnisse dennoch weitergeben. Dazu gehören folgende Fälle:

  • Es liegt ein ausdrückliches Einverständnis des Betroffenen vor (Schweigepflichtentbindungserklärung).

  • Es liegt eine gesetzliche Auskunftspflicht, z. B. gegenüber den Sozialleistungsträgern, vor.


Länderspezifische Anforderungen sind zu prüfen.

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Übergeordnete Umsetzungshilfen und mögliche Nachweisführung

Ist der Austausch zwischen Integrationsfachdienst und z. B. behandelnden Ärztinnen und Ärzten oder anderen Personen/Institutionen erforderlich, ist jeweils eine entsprechende Schweigepflichtentbindungserklärung nach den gesetzlichen Regelungen einzuholen. Der Vorgang ist vom Integrationsfachdienst entsprechend – schriftlich – zu dokumentieren.  

Eine Orientierung, was in einer solchen Erklärung enthalten sein muss, bieten folgende Hinweise:

  • Die Datenübermittlung ist zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich.

  • Es erfolgt eine ausführliche, objektive Aufklärung der betroffenen Person in einer verständlichen, klaren, einfachen Sprache über die Erforderlichkeit und den Zweck.

  • Die Einwilligung bezeichnet in verständlicher Form die Art der Information, die Stelle/Organisation/Person und den Zweck der Datenübermittlung

  • Die Einwilligung bezieht sich auf den konkreten Einzelfall.

  • Soweit besondere Kategorien personenbezogener Daten verarbeitet werden, muss sich die Einwilligung ausdrücklich auf diese beziehen.

  • Es wird auf die möglichen Folgen einer Verweigerung der Einwilligung hingewiesen (z. B. bei Mitwirkungspflicht § 60 SGB I).

  • Es wird klargestellt, ob beide Seiten wechselseitig von der Schweigepflicht entbunden werden.

  • Die Einwilligung erfolgt in der Regel schriftlich.

 Die Einwilligung verliert ihre Gültigkeit, wenn sie von der betroffenen Person widerrufen wird oder ihr Anlass wegfällt.

  • Es erfolgt eine Belehrung über die jederzeitige (!) Widerrufsmöglichkeit.

  • Der Widerruf muss so einfach wie die Erteilung der Einwilligung sein.

Entsprechende Mustervorlagen sind länderspezifisch vorzuhalten bzw. zu regeln.  


  • Übergeordnete Umsetzungshilfen und Hinweise zur Nachweisführung sind nicht vorhanden.