2.2.4 Unterstützte Beschäftigung

Begründende Verpflichtung

§ 55 SGB IX

Gemeinsame Empfehlung Unterstützte Beschäftigung nach § 55 Absatz 6 SGB IX gemäß § 26 Absatz 6 und 7 SGB IX der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) in der geänderten Fassung vom 26. Juli 2021


Für AZAV-zugelassene IFD siehe Anhang.

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Übergeordnete Anforderungen

Gemäß § 49 Absatz 1 SGB IX werden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern.

Zur Umsetzung gleichen Rechts auf Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung nach Artikel 27 der UN-Konvention ist die Unterstützte Beschäftigung als Instrument gesetzlich verankert worden.

Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es nach § 55 Absatz 1 SGB IX Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten.

Die Gemeinsame Empfehlung Unterstützte Beschäftigung enthält unter anderem Regelungen zu den

  • Zielen,

  • Zuständigkeiten der Leistungsträger,

  • Leistungsinhalten,

  • Qualitätsanforderungen an die Leistungserbringer,

  • Anforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität,

  • Anforderungen an die Prozessqualität,

  • Anforderungen an die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure.

Zielgruppe der Unterstützten Beschäftigung sind:

  • Menschen mit Lernbehinderungen im Grenzbereich zur geistigen Behinderung,

  • Menschen mit geistigen Behinderungen im Grenzbereich zur Lernbehinderung,

  • Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung und/oder Verhaltensauffälligkeiten,

  • Schulabgängerinnen und Schulabgänger mit Leistungsvermögen im Grenzbereich der Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes,

  • Erwachsene, die im Laufe ihres (Erwerbs-)Lebens z. B. eine psychische Erkrankung erworben haben oder aufgrund eines Unfalls erkrankt sind und deren Leistungsvermögen infolgedessen im Grenzbereich der Anforderungen des allgemeinen Arbeitsmarktes liegt,

  • Beschäftigte aus dem Arbeitsbereich nach Förderung des Übergangs gemäß § 58 Absatz 2 Nummer 3 SGB IX, deren Leistungsvermögen soweit (wieder-)hergestellt ist, dass sie unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig werden können und

  • weitere Personen, für die die Unterstützte Beschäftigung geeignet erscheint.

Die Unterstützte Beschäftigung umfasst zwei Phasen:

  • die individuelle betriebliche Qualifizierung und

  • bei Bedarf die Berufsbegleitung.

 

Individuelle betriebliche Qualifizierung (InbeQ)

Gemäß § 55 Absatz 2 SGB IX erhalten Menschen mit Behinderung vom zuständigen Rehabilitationsträger Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung insbesondere, um

  • sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben,

  • auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und

  • bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen.

Die Beteiligung des Integrationsfachdienstes bei den Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung setzt voraus, dass diese auf der Grundlage einer länderspezifischen Regelung erfolgt.

 

Berufsbegleitung

Gemäß § 55 Absatz 3 SGB IX erhalten Menschen mit Behinderung Leistungen der Berufsbegleitung insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten.

Die Leistung der Berufsbegleitung wird bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 (Träger gesetzlichen Unfallversicherung, Träger der Kriegsopferversorgung sowie die Träger der Kriegsopferfürsorge) von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit, soweit erforderlich, erbracht.

Eine Berufsbegleitung zur Sicherung des Arbeitsverhältnisses kann gemäß der Gemeinsamen Empfehlung insbesondere bei folgenden Anlässen angezeigt sein:

  • währender Probezeit,

  • wenn das Arbeitsverhältnis befristet ist,

  • wenn Nach- und Weiterqualifizierungen erforderlich sind,

  • wenn die eigene betriebliche Rolle im Umgang mit Kollegen noch nicht gefunden ist,

  • wenn der Mensch mit Behinderungen von Konflikten im Betrieb betroffen ist,

  • wenn das Leistungsvermögen von den betrieblichen Anforderungen abweicht,

  • wenn sich betriebliche Arbeitsabläufe ändern oder Ansprechpersonen wechseln,

  • wenn psychische und/oder emotionale Instabilität vorliegen,

  • wenn die vermittelte Person weiterhin eine Unterstützung benötigt,

  • wenn die Verantwortlichen im Beschäftigungsbetrieb weiterhin Unterstützung benötigen.

Die Inhalte und Maßnahmen der Berufsbegleitung richten sich gemäß der Gemeinsamen Empfehlung nach den Erfordernissen des Einzelfalls und können eine individuelle Beratung, Unterstützung, Krisenintervention und Jobcoaching des Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf am Arbeitsplatz sowie die einzelfallbezogene Beratung des Arbeitgebers umfassen.

Insbesondere sind dies Maßnahmen

  • der Arbeitsdiagnostik,

  • des Trainings der sozialen und kommunikativen Kompetenzen,

  • der regelmäßigen Einzelfallberatung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf unterschiedlichen Betriebsebenen,

  • zur Beratung bei Veränderungen der Arbeitsorganisation/Arbeitsbedingungen und die Begleitung ihrer Umsetzung,

  • zur Gewährleistung einer innerbetrieblichen personellen Unterstützung oder

  • zur Organisation eines Jobcoachings.

Sofern Leistungen der Berufsbegleitung wegen fehlender Voraussetzungen nach § 55 Absatz 3 SGB IX nicht möglich sind, kann der zuständige Rehabilitationsträger gemäß der Gemeinsamen Empfehlung prüfen, ob anderweitige Leistungen zur Teilhabe gewährt werden können. Dieser kann unter Berücksichtigung des individuellen Bedarfs für die Rehabilitation von Menschen ohne Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung z. B. eine Beauftragung des Integrationsfachdienstes im Rahmen seiner Aufgabenstellung nach § 192 Absatz 4 SGB IX prüfen.

 

Zielgruppe der Berufsbegleitung durch das Integrationsamt

Zielgruppe der Berufsbegleitung durch das Integrationsamt sind schwerbehinderte und gleichgestellte Menschen im Sinne des § 151 Absatz 1 und 2 SGB IX, für die ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis erreicht werden konnte und bei denen ein Bedarf an Berufsbegleitung zur Stabilisierung des Beschäftigungsverhältnisses besteht.

 

Voraussetzung, Beginn, Umfang, Dauer der Leistung Berufsbegleitung durch das Integrationsamt

Grundsätzlich sind die Leistungen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben nach § 185 Absatz 2 und 3 SGB IX Ermessensleistungen. Im Gegensatz dazu besteht auf die Leistung der Berufsbegleitung nach § 55 Absatz 3 SGB IX in Verbindung mit § 185 Absatz 4 SGB IX, sofern ein entsprechender Bedarf besteht, ein Rechtsanspruch.

Die Berufsbegleitung entspricht gemäß der Gemeinsamen Empfehlung im Bereich der Integrationsämter weitgehend der psychosozialen Betreuung nach § 185 Absatz 2 Satz 4 SGB IX. Ggf. wird dies durch länderspezifische Regelungen konkretisiert bzw. ergänzt.

Die Leistungen des Integrationsamtes sind nachrangig. Die Übernahme der Kosten einer Berufsbegleitung durch das Integrationsamt setzt voraus, dass alle zumutbaren Maßnahmen des Arbeitgebers sowie alle vorrangigen Maßnahmen der Rehabilitationsträger zum Erhalt des Arbeitsplatzes im Sinne des Sozialgesetzbuches zur Stabilisierung und Sicherung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeschöpft sind.

Die Berufsbegleitung setzt nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ein, mit dem Ziel, dieses dauerhaft zu sichern.

Die Leistungen werden auf Antrag erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Arbeitsverhältnisses erforderlich sind.

Der Integrationsfachdienst kann für die Feststellung des Bedarfs an Berufsbegleitung mit dem Fertigen einer Fachdienstlichen Stellungnahme beauftragt werden.


Länderspezifische Anforderungen sind zu prüfen.

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Übergeordnete Umsetzungshilfen und mögliche Nachweisführung

Für die länderspezifische Umsetzung sollten die Übergangsphasen der Unterstützten Beschäftigung entsprechend der angeführten Vorschriften in einer Rahmenvereinbarung zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem jeweiligen Integrationsamt geregelt werden. Durch die Vereinbarung zur Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten sollen einheitliche und verbindliche Kriterien für den Übergang aus der Phase der „individuellen betrieblichen Qualifizierung“ (InbeQ) zur Berufsbegleitung festgelegt und beschrieben werden.

Die Einhaltung der Vereinbarung sichert die gesetzliche Forderung nach der frühzeitigen Einbindung der beteiligten Leistungsträger vor Begründung eines versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses durch den Teilnehmer und trägt erheblich zur Stabilisierung des Arbeitsverhältnisses bei.


  • Übergeordnete Umsetzungshilfen und Hinweise zur Nachweisführung sind nicht vorhanden.